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Geschichtslehrer/innen Forum
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Israel / Palästina - Nahostkonflikt (6)
Hintergrundinformationen, Dokumente und Links zur Geschichte Palästinas und Israels Update 1.12.2023
Auf dieser Seite: 6. Der Nahostkonflikt von der Ermordung Rabins bis zum israelischen Rückzug aus Gaza 2005
Auf den vorherigen Seiten: 1. Startseite: Links zu Seiten im Internet und bibliographische Hinweise zu Büchern >hier
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Spektroradiometrisches Satellitenbild des Nahen Osten mit den eingezeichneten Grenzen von 1949. Wikimedia Commons |
2. Daten zur Geschichte Jerusalems, des Alten Israel und der Provinz Palästina vom Altertum zum Osmanischen Reich (bis 1914) >hier
3. Palästina vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg >hier a) Chronologie, b) Inhaltliche Ergänzungen:Sykes-Picot-Abkommen, Balfour-Deklaration / Britisches Mandat / 2. Weltkrieg
4. Nach dem Zweiten Weltkrieg: UN-Teilungsplan, Gründung Israels und die Folgen bis nach dem Sechstagekrieg >hier a) Chronologie b) Inhaltliche Ergänzungen: Unabhängigkeitskrieg / 1948/1967: Kampf um Jerusalem / Sechstagekrieg: Präventivkrieg oder Expansionskrieg?
5. Der Nahe Osten seit dem Sechstagekrieg bis zur Ermordung Rabins 1995 >hier a) Chronologie b) Inhaltliche Ergänzung: Situation nach dem Sechstagekrieg und Entwicklung der Siedlungsbewegung
Auf der folgenden Seite:
7. Der Nahostkonflikt nach dem israelischen Rückzug aus Gaza 2005 bis heute >hier
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6. Der Nahostkonflikt von der Ermordung Rabins bis zum israelischen Rückzug aus Gaza 2005
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4.11.1995- 18.6.1996
Beginn der Selbstmord- attentate
Regierungs- wechsel zu Netanyahu
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Politischer Terrorismus: Nach dem Attentat auf Rabin (siehe >Nahost 5) übernimmt Außenminister Shimon Peres das Amt des Ministerpräsidenten bis zum Ende des Legislaturperiode. Der Wahlkampf erfolgt auch in einer Phase von Selbstmordattentaten der Hamas seit dem 4.10.1993 vor allem in Bussen oder an Bushaltestellen zur Torpedierung des Friedensprozesses, was bis Ende 1996 128 Tote und ein Vielfaches an Verletzten fordert. Mit der Hamas gewinnt der terroristische Kampf gegen Israel eine bedeutende religiöse Dimension im internationalen Kontext des sich radikalisierenden Islamismus. Regierungswechsel nach rechts: Die folgende Knesset-Wahl am 29.5.96 wird von der führenden Arbeitspartei knapp verloren: Sie rutscht zwar von 34,7% auf 26,83% ab und verliert 10 von 44 Sitzen, der Bündnispartner Meretz (linke Sozialdemokraten) erhält 9 Sitze (-3; 7,41%). Doch der Likud unter Benyamin Netanjahu im Wahlbündnis mit der Kleinpartei Tzomet verliert auch 8 Sitze und erhält 32 Mandate (von 31,3% auf 25.14%). Durch die von der vorherigen Knesset eingeführte Wahlrechtsänderung wurde erstmalig mit der Parlamentswahl auch der Ministerpräsident direkt gewählt. Dies sollte das “israelische Modell” der großen Koalitionen mit rotierendem Ministerpräsidenten bei unklaren Mehrheiten abschaffen. HIer gewinnt Netanyahu mit einem knappen Vorsprung von 50,5 gegenüber 49,5% für Peres. Während die Kampagne gegen die Osloer Verträge Netanyahu und seiner Partei bei der Parlamentswahl nichts genutzt hat (Verlust von 8 Sitzen), konnten die ultrarnationalistischen und religiösen Kleinparteien davon profitieren. Mit ihnen kann Netanyahu eine Koalition bilden.
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Hamas >Wikipedia Islamismus >Wikipedia Liste von Terroranschlägen in Israel >Wikipedia
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1996-99
Weitere Abkommen und Bruch der Koalition
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Trotz seines nationalistischen Wahlkampfs unterzeichnet Netanyahu zwei Folgeabkommen der Osloer Verträge mit Jassir Arafat unter amerikanischer Vermittlung, im Januar 1997 das Hebron-Abkommen und im Oktober 1998 das River-Wye-Abkommen, bekommt dafür eine parlamentarische Mehrheit, verliert jedoch seine Regierungsmehrheit durch den Protest der ultranationalistischen Partner. In Hebron behält Israel 20% des Territoriums, zieht sich aber von 80% zurück, das Abkommen von River Wye beinhaltet die Umsetzung eines Teils des in Oslo II verabredeten Transfers von Gebieten der Zone C in Zone B (gemeinsame Verwaltung) im Westjordanland. Im Gegenzug verspricht die palästinensische Seite die Belämpfung des Terrorismus. Die Erfüllung des Abkommens wird jedoch aufgrund der Krise in der Regierungskoalition gestoppt nach dem Rückzug aus nur 2% der C-Zone. Den Bruch der Koalition kann Netanyahu jedoch nicht aufhalten und muss sich in seiner eigenen Partei heftigem Widerstand stellen, angeführt von Ariel Sharon, Minister für wirtschaftliche Infrastruktur und in dieser Funktion Förderer des Siedlungsbaus im Westjordanland. Netanyahu muss für den 17.5.1999 vorgezogene Neuwahlen ansetzen. Netanjahu verliert die Wahl und gibt den Parteivorsitz an Sharon ab.
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Hebron-Abkommen wird weltweit begrüßt, 16.1.1997 >Welt Wye-Abkommen >Wikipedia
Sharon >Wikipedia
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1999- 2000
Schwache Regierung unter Barak (Soz.dem.)
Weitere Abkommen
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Für die Parlamentswahl am 17.5.1999 leitet der Vorsitzende der Arbeitspartei, Ehud Barak, eine Öffnung der Partei in die Mitte ein, verbunden mit einer Listenverbindung “Ein Israel”. Es ist der Anfang der Ablösung der Arbeitspartei von ihren Ursprüngen und auf lange Sicht bis heute der Auflösung eines linksdemokratischen Faktors in der israelischen Politik. Wobei Links und Rechts in der israelischen Politik sich ausschließlich auf die nationale Frage bzw. die palästinensische Frage bezieht. Die Umorientierung soll die Partei weg von ihren streng säkularen und sozialistischen Prinzipien, mithin dem europäischen Erbe, führen und und hin u.a. auf eine Wählbarkeit für die Mizrachim, die orientalischen Juden, die bislang fast auschließlich rechtskonservativ gewählt haben.
Bei der Wahl verliert Ein Israel gegenüber den vorherigen Mandaten der Awoda und ihren Listenverbündeten 11 Sitze und rutscht auf 26 (20,3% der Stimmen). Likud verliert aber auch 8 Sitze und rutscht auf 19 (14,1%). Die linke Meretz kann von der Strategie Baraks profitierten und ein Mandat zugewinnen (insges. 10; 10, 7.6%), erhebliche Zugewinne erzielt die sephardische Shas (auf deren Wähler Baraks Strategie zielte), die mit 17 Sitzen (+7; 13,01 %) drittstärkste Kraft wird. Insgesamt zeichnet sich jedoch eine weitere Zersplitterung der Parteienlandschaft ab mit nun 15 in der Knesset vertretenen Parteien. Durch die Direktwahl wird Ehud Barak lange vor Netanjahu zum Ministerpräsidenten gewählt (56,1%). Seine Strategie der Öffnung zur Mitte und sogar zu den Religiösen geht insofern auf, als er dies Shas sowie einige religiöse Kleinparteien in eine Koalition holen kann, die jedoch keine seriöse Grundlage hat und nach dem Austritt einer religiösen Partei im September 1999 bereits ihre Grundlage verliert. Mit einer Minderheitenkoalition arbeitet Barak weiter bis zum 10.12.2000, als er aufgrund des Ausbruchs der Zweiten Intifada zurücktritt.
Sein Versuch, den Friedensprozess mit der PLO unter Vermittlung von US-Präsident Clinton im Sommer 1999 in Camp David weiterzuführen, scheitert im ersten Anlauf, da es keine Verständigung mit Arafat gibt, der unter dem Druck der Radikalisierung in seinem eigenen Lager steht. In einem neuen Anlauf gelingt unter Vermittlung von Ägypten. Jordanien und den USA am 5.9.1999 in Sharm el-Shekih das sog. Wye-II-Abkommen, indem, in Erfüllung des Wye-I-Abkommens, ein weiterer Rückzug von 11% der C-Zone, eine sichere Transitroute zwischen Westbank und Gaza sowie ein Siedlungsstopp im Westjordanland und die Freilassung von palästinensischen Häftlingen vereinbart wird. Die Ausrufung eines Palästinenserstaates wird hinausgeschoben, umstritten sind nach wie vor der Status Jerusalems, die Flüchtlingsfrage sowie die Bestimmungen eines Abschlussabkommens mit der Frage der Grenzziehung. Weitere Verhandlungen diesbezüglich für ein Camp-David-II-Abkommen im Juli scheitern jedoch. Die entscheidenden Fragen Ost-Jerusalem, Grenzziehung und Flüchtlinge können nicht gelöst werden.
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Ehud Barak >Wikipedia
2. Intifada >Wikipedia
Oslo-Friedensprozess >Wikipedia
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2000-2002
Sharon auf dem Tempel- berg
2. Intifada
Große Koalition unter Sharon
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Der ”Besuch” des Tempelbergs, immer noch muslimischer Religionsbezirk mit Felsendom und Al-Aqsa-Moschee, aber von ultrareligiösen Juden ebenfalls beansprucht, am 28.9.2000 durch den Likud-Vorsitzenden Ariel Sharon “und 1000 Journalisten, Polizisten und Militärs” (Wikipedia) sowie weiteren fünf Likud-Politikern wird von arabischer Seite als die gezielte Provokation empfunden, die sie wohl auch war, um den weiteren Friedensprozess zu torpedieren. Barak hatte in den Verhandlungen mit Arafat den Palästinenser einen Teil Ost-Jerusalems zugestanden - immerhin ist dort schon das nie bezogene Parlamentsgebäude der Palästinensischen Autonomie gebaut worden - und wollte im Gegenzug einen Platz auf dem Tempelberg für die Juden zum Beten, gewissermaßen am virtuellen Platz des alten Tempels. Darauf konnte Arafat jedoch nicht eingehen (cf. Coitoru, S. 267f.). Das ganze Thema mobilisiert die Extremisten auf beiden Seiten, die sich in einer gegenseitigen, vorläufig noch propagandistischen, Eskalation, bestärken. Da Sharon seinen Tempelbesuch vorher schon angekündigt hat, hat die Gegenseite Zeit zu mobilisieren, zunächst nur für eine friedliche Gegendemonstration auf dem Tempelberg. “Scharons Kalkul, die israelisch-palastinensischen Beziehungen in eine neue Krise zu sturzen, ging voll auf. Am nachsten Tag kam es auf dem Berg erneut zu gewalttatigen Ausschreitungen, bei denen fünf Palastinenser durch Schüsse israelischer Polizisten getötet wurden.” (Croitoru, S. 269).
Ob Sharons Provokation ursächlich Auslöser für die später so genannte Zweite Intifada, auch Al-Aqsa-Intifada, war, deren Beginn deswegen am selben Tag angegeben wird, die jedoch frühestens am Tag darauf begann, oder ob diese schon seit längerem geplant war und ob von Arafat, ist kontrovers. In jedem Fall hat Sharons Aktion ein hervorragendes Argument für die Intifada geliefert, wie schon in den 1920er Jahren Zusammenstöße zwischen Juden und Arabern am und wegen dem Haram ash-Sharif (“das edle Heiligtum”) ausgelöst wurden (siehe >Nahost 3).
Joseph Croitoru: Al-Aqsa oder Tempelberg. Der ewige Kampf um Jerusalems Heilige Stätten. München: C.H. Beck, 2021.
Vgl. auch: Der Feld und die Brandung [Sharons Tempelbergbesuch], von Christoph Gunkel, 28.9.2020 >Spiegel 20 Jahre zweite “Intifada”: Nicht von Israel provoziert, sondern von Arafat geplant, von Alex Feuerherdt, 4.10.2020 >mena-watch “Der Tempelberg ist in unserer Hand!” Tempelberg und Klagemauer zwischen nationalen und religiösen Interessen, von Oliver Glatz, 7.12.2017, aus dem Ausstellungskatalog des Jüdischen Museums Berlin Welcome to Jerusalem 2017 >JMB, siehe auch hier >JMB
Mit der Eskalation des Konflikts gerät die Koaltions-Regierung der Awoda in die Enge und Ehud Barak versucht, sich durch eine vorgezogene Neuwahl des Premierministers am 6.2.2001 eine Rückendeckung in der Bevölkerung zu holen, was jedoch misslingt, denn Sharon gewinnt die Wahl. Da die Mehrheitsverhältnisse in der Knesset die gleichen bleiben, kann er nur eine breite Koalition der nationalen Einheit bilden, der sich auch notgedrungen die Arbeitspartei anschließt. Sharons Hauptziel ist die Bekämpfung der 2. Intifada. Gespräche mit Arafat lehnt er strikt ab.
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Tempelberg >Wikipedia Zweite Intifada >Wikipedia Al-Aqsa-Brigaden >Wikipedia Ahmad Qurai > Wikipedia
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Islamisti- sche Ideo- logie und Intensivie- rung des Terrorismus
Baubeginn der Sperr- lagen
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Anders als die “Intifada der Steine” kommt die Al-Aqsa-Intifada nicht aus der Mitte der Bevölkerung, sondern wird von militanten und extremistischen Kräften getragen, unter denen der Islamische Djihad und die Hamas eine zentrale Rolle spielen. Beide folgen auch einer islamistischen Ideologie. Hinzu kommt eine neue bewaffnete Gruppe aus den Reihen von Arafats Fatah, die sich mit Bezug auf die Moschee auf dem Tempelberg Al-Aqsa-Brigaden nennen und für die Israelis ein Beweis dafür sind, dass Arafat ein doppeltes Spiel spielt. 2003/04 werden die Brigaden von der Führung der Fatah, darunter dem damaligen Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autorität, Ahmad Qurai, offiziell als militärischer Flügel der Fatah mit Recht auf einen Sitz im Rat der Fatah klassifiziert. Wie die beiden anderen Gruppierungen werden aus ihren Reihen heraus Märtyreraktionen, Selbstmordattentate verübt. Ab dem 22.11.2000 nehmen die Attentate auf Zivilisten wieder zu, die meisten durch Selbstmordattentäter, mit 80 Toten 2000/2001 und mehreren Hundert Verletzten sowie 203 Toten 2002. Die israelische Regierung reagiert mit einer breit angelegten Militäraktion “Operation Schutzschild” im Westjordanland, einschließlich der vorübergehenden Wiederbesetzung der freien Zone A. Sharon betrachtet das als einen Krieg und die israelische Armee geht mit großer Härte vor. Die Kämpfe erreichen auch Ramallah und Arafat wird in seinem Amtssitz eingeschlossen. Unter den festgenommenen Palästinensern ist auch Marwan Barguthi, Chef der Fatah im Westjordanland und gleichzeitig von deren Tamzin-Miliz. Diese wurde 1995 von Arafat ursprünglich zur Bekämpfung des Islamismus gegründet, Teil der Osloer Verträge. Sie konkurriet aber eher mit der Hamas um die Vorherrschaft im Westjordanland, als dass sie sie bekämpft. Unter Barghuti, der als einer der Initiatoren der Zweiten Intifada gilt, kehrt sie ihre Stoßrichtung in den Kampf gegen Israel um. Für die israelische Regierung ist dies auch ein Beweis dafür, dass Arafat dem zustimmte. Barghuti wird wegen mehrfachen Mordes vor einem israelischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt.
Am 16.6.2002 wird mit dem Bau der Sperranlagen, gemeinhin Zaun oder Mauer genannt, an der Grenze zum Westjordanland, aber auch ins Westjordanland hineinreichend, begonnen. Die Idee dazu hatte schon Jitzhak Rabin 1995, um Terrorangriffen aus dem Westjordanland, das durch das Osloer Abkommen zunehmend der israelischen Kontrolle entzogen werden sollte, eine Sperre entgegenzusetzen.
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est Bank Access Restrictions OCHA June 2002 >Wikipedia
Die dunklen Flächen markieren die Zone C. Ausschnitte aus der Karte zum Verlauf der Sperranlagen unten.
Zweite Intifada >Wikipedia Al-Aqsa-Brigaden >Wikipedia Operation Schutzschild >Wikipedia Fataz Tanzim >Wikipedia Marwan Barghuti >Wikipedia
Israelische Sperranlagen >Wikipedia
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Ausschnitte aus der OCHA-Karte zum Verlauf der Sperranlagen, markiert durch die rote Linie, vom Juni 2020. Links nördlicher Teil, rechts südlicher Teil, unten rechts Detailkarte Ost-Jerusalem. Die grauen Flächen sind Zone C, die dunkelroten Einsprengsel israelische Siedlungen.
Zum Laden der entsprechenden jpg-Datei auf das jeweilige Bild klicken.
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2003- 2006
Sperrzaun und Siedler
Wahlsieg Sharons
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Der Sperrzaun greift in das Territorium der West Bank ein und wird deswegen von der UNO als völkerrechtswidrig erklärt, denn dadurch wird de facto eine neue Grenze geschaffen. Sie schließt einen Großteil der jüdischen Siedlungen an der Westgrenze ein, die sich in Zone C der Osloer Verträge befinden, also unter israelischer Kontrolle. Die Abkommen von damals sahen perspektivisch einen etappenweisen Transfer der Autorität von Zone C nach B und von B nach A vor, allerdings gerät dies unter der ersten Regierung Netanyahu und durch die Radikalisierung auf palästinensischer Seite ins Stocken (siehe oben 1996-99). Mit zunehmender Vollendung der Sperranlagen gehen auch die Anschläge zurück, eine Parallelität, deren kausaler Zusammenhang von der Friedrich Ebert Stiftung in Palästina (Sitz Ost-Jerusalem) 2011 bestritten wurde (beim Besuch einer GEW-Gruppe im Rahmen eine Israelreise, der ich angehörte. W.G.).. Die Siedlerfrage wurde in keinem der Abkommen geklärt. Vom Zeitpunkt des 1. Osloer Abkommens 1993 bis 2004 hat sich die Zahl der Siedler von in der Westbank von 111.600 auf 234.487 mehr als verdoppelt. Hinzu kommen Siedler im Ostteil Jerusalems, dessen Grenze sukzessiv weiter ins Westjordanland ausgedehnt wird. Allerdings steigt dort die Zahl langsamer, weil sich schon 1993 der größte Teil angesiedelt hat mit 152.800, der bis 2004 auf 181.587 wächst.
Bei der regulären Neuwahl der Knesset am 28.1.2003 erzielt der Likud unter Ariel Sharon einen großartigen Sieg mit 29.39% und 38 Sitzen (+ 19) gegenüber der Arbeitspartei mit 14,46% und 19 Sitzen (-2) und der mit ihr verbündeten Meretz mit 5,21% und 6 Sitzen (-4). Sharon gelingt eine Koalition mit der liberal-säkularen Shinui, der Nationalen Union von Avigdor Liebermann und der Nationalreligösen Partei, die die Siedlerbewegung unterstützt. Am 30.4.2003 veröffentlicht US-Präsident George Bush sen. einen “Fahrplan” (Road Map) für die Umsetzung seit 1993 getroffener Vereinbarungen zur Etablierung eines Palästinenserstaates. Die Road Map wird auch von dem Nahost-Quartett (EU, USA, Russland, UN) übernommen. Danach soll eine staatliche Struktur der Palänstinensischen Autonomiebehörde aufgebaut werden, u.a. durch die Schaffung einer ordentlichen Exekutive mit dem Posten eines Premierministers, der Mahmud Abbas wird, und der Vorbereitung von Wahlen. Damit soll auch Arafat stärker an den Rand gedrängt werden. Zum wiederholten Male wird auf der Verzicht auf Terroraktionen verlangt. Israel soll sich aus den besetzten Gebieten zurückziehen, zuerst aus jenen, die nach 2000 erneut militärisch besetzt wurden. Ebenso sollen jüdische “Außenposten-”Siedlungen geräumt werden, die nach dem März 2001 entstanden sind, was Israel auch tut, ebenso entlässt es 400 palästinensische Gefangene. Die Hamas sellt sich offen gegen den Plan und gegen den Gewaltverzicht und bricht die Gespräche mit der Autonomiebehörde ab. Abbas tritt im September als Premierminister zurück und wird durch Achmed Queira ersetzt. Der weitere Prozess verläuft im Sande. Der israelische Ministerpräsident Sharon erklärt, dass es keinen verlässlichen Verhandlungspartner aus palästinensischer Seite gebe.
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Road Map (dt.) >Wikipedia Road Map (engl., ausführlcher) >Wikipedia Road Map >Auswärtiges Amt Mahmud Abbas > Wikipedia
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Konflikt- herd Gaza, und Plan zum israeli- schen Rückzug
Sharon- Plan und Krise des Likud
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Auch im Gaza-Streifen wurden israelische Siedlungen gegründet. 1993 lebten dort 4.800 Personen, 2004 sind es 7.826, 2005 mehr als 8.000.. Die permanenten gewalttätigen Konfrontationen zwischen palästinensischen Gruppen, meistens von der Hamas, und israelischem Militär zum Schutz der Siedler und zur Bekämpfung der ersten Raketenabschüsse aus Gaza erweisen sich als große Belastung und Gefährdung des Lebens der Soldaten. . Doch nicht nur dies sondern auch grundsätzliche Überlegungen zur Entspannung des Verhältnisses zu den Palästinensern und für mehr Sicherheit für Israel bringen den bislang gefeierten Hardliner Sharon zum Umdenken in seiner Politik. Bereits im Dezember 2003 legt er seinen Plan zum Rückzug aus Gaza und einem weiteren Teil des Westjordanlandes vor, der die Auflösung dortiger jüdischer Siedlungen beinhaltet. Ähnlich wie die Sperranlagen geht diese Idee auf die Linke zurück, denn Barak äußerte bereits solche eine Idee, nachdem die Verhandlungen nicht mehr voran kamen und Barak, ähnich wie zuvor Rabin zur Grenzanlage, mehrfach äußerte, man müsse die Sicherheit Israels herstellen, indem “wir hier sind und die dort” (cf. Bregman, S. 295). Sharons politischer Kompagnon und späterer Nachfolger Ehud Olmert liefert noch eine interessante und für die Rechte gleichfalls unerhörte Begründung für den Politikwechsel mit Hinweis auf die demographische Entwicklung, die perspektivisch zu einer arabischen Mehrheit im gesamten Territorium, Israel und besetzte Gebiete, führen werde. Deswegen schreibt er für das Jerusalem Institute for Policy Research bereits 2004:
“Wir haben nicht unbegrenzt Zeit. Immer mehr Palästinenser sind an Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung desinteressiert, denn sie wollen das Wesen des Konflikts weg von einem algerischen Paradigma* zu einem südafrikanischen ändern. Vom Kampf gegen ’Besatzung’, in ihrem Sprachgebrauch, in einen Kampf für one man, one vote. Das ist natürlich ein viel sauberer und ein viel populärerer Kampf - und letzten Endes ein viel mächtigerer. Für uns würde dies das Ende des Jüdischen Staates bedeuten.” (zit. nach Black, S. 441). * Bezug auf den algerischen Aufstand gegen die französische Kolonialherrschaft.
Der Sharon-Plan ruft heftigen Widerstand in den eigenen Reihen hervor. Sharons Partei, der Likud, entscheidet sich in einem Mitgliederreferendum mit 56% gegen den Plan. Die Öffentlichkeit ist jedoch mit großer Mehrheit dafür. Das Parlament stimmt am 26.10.2004 mehrheitlich für den Abzug aus Gaza. Aus der Regierung treten außer Netanyahu, der als Finanzminister wieder in die Regierung zurückgekommen ist, weitere Minister der Koalitionsparteien zurück und Sharon verliert die Regierungsmehrheit im Parlament, das trotzdem für den Sharon-Plan gestimmt hat.
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Gaza-Streifen 2005 mit dem israelischen Siedlungsverbund Gush Katif im Süden und einige Siedlungen an der Nordgrenze zu Israel (blau) >Wikipedia
Abkopplungsplan (Sharon-Plan) >WikipediaJüdische Siedlungen >Wikipedia
Ahron Bregman: Gesiegt und doch verloren. Israel und die besetzten Gebiete. Zürich: Orell Füssli, 2014.
Ian Black: Enemmies and Neighbours. Arabs and Jews in Palestine and Israel, 1917-2017. London: Penguin Random House U.K., 2017.
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Tod Arafats
Räumung des Gaza- Streifens und Spaltung des Likud
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In diese Situation hinein fällt der überraschende Tod Jassir Arafats am 4.11.2004 in einem französischen Krankenhaus, in das Arafat nach akuter Erkrankung der inneren Organe geflogen worden ist. Da die Todesursache nicht bekannt gegeben wird, wird von palästinensischer Seite ein Giftmord in israelischem Auftrag als Erklärung verbreitet. Und dies alles spielt sich noch in einer Situation ab, als “Märtyreranschläge” der Hamas und entsprechende Gegenschläge des israelischen Militärs mit zivilen Toten auf beiden Seiten stattfinden. Mit der Räumung des Gaza-Streifens wird bereits klar, dass zu befürchten ist, dass die Hamas das politische Vakuum dort ausfüllen wird. So zieht die Räumung eine Sicherung der Grenze und Abschottung Gazas nach sich.
Die militärische Räumung des Gaza-Streifens beginnt am 15.8.2005 und die erzwungene, vom Militär durchgeführte Evakuierung der Siedlungen erfolgt gegen heftigen Widerstand der Siedler selbst und unter großen Protest nicht nur im rechten Lager in Israel. Kritisiert wird auf der Linken auch, dass der Abzug einseitig, ohne eine verhandelten Gegenzug der Palästinenser erfolgt ist. Aufgrund seiner Minderheitenposition in der eigenen Partei tritt Ariel Sharon am 21.11.2005 aus der Partei aus und tritt als Ministerpräsident zurück und spaltet sich mit anderen Regierungs- und Parteimitgliedern durch die Gründung einer neuen Partei Kadima (“Vorwärts”) vom Likud ab. Im Januar wird Sharon jedoch für eine Herzoperation hospitalisiert, fällt ins Koma und erwacht daraus nicht mehr. Geschäftsführend vertritt ihn der Industrieminister Ehud Olmert, ehemaliger Jerusalemer Bürgermeister (1993-2003), der auch Kadima im Wahlkampf als Spitzenkandidat führt. Die neue Partei erzielt bei der Knesset-Wahl am 28.3.2006 angesichts der politischen Konstellation einen überragenden Sieg mit 22,02% und 29 Sitzen, gegenüber 15,08% und 19 Sitzen für die Arbeitspartei und nur 8,99% und 12 Sitzen für den Likud, der jetzt wieder von Benyamin Netanyahu geführt wird. Olmert gelingt eine Koalition mit der Arbeitspartei, der sephardischen Shas und einer kleinen liberalen Partei, der “Renterpartei” Gil, die mit 5.9% einen ephemeren Erfolg erzielt und erstmals eine ausschließlich soziale . Zielsetzung hat: die Absicherung im Alter. Das große Projekt Olmerts und seiner Partei ist es, die Idee der Sicherheit durch territoriale Trennung zwischen Israelis und Palästinensern, also in abgewandelter Form den Plan des Osloer Friedensabkommens, fortzuführen.
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Widerstand von Siedlern in Kfar Darom gegen die erzwungene Aufgabe der Siedung im Gaza-Streifen. >Wikimedia Commons
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Ehud Olmert. Dies war biographisch eine zwar nicht so abrupte Kehrtwende wie bei Sharon, aber in der Sache gleichwohl radikale eines Politikers, der auf der äußersten Rechten begonnen hat, den “Revisionisten”, die sich gegen Ben Gurion und den linken Zionismus stellten und von einem Großisrael träumten, und die sich nach der Gründung Israels der von Menachem Begin geführten Partei Herut sammelten,. 1966 trat er, 21jährig, auf einem Parteitag sogar als scharfer Kritiker Begins hervor, weil die Partei bei den Wahlen immer schlechter abschnitt. 1973 wurde Olmert jüngster Knesset-Abgeordneter des neu gegründeten Parteienbündnisses Likud, das von Begin und Sharon zusammengeführt wurde (vgl. Olmert, S. 44ff, 51ff.). Nach dem Abkommen mit Ägypten und dem Rückzug vom Sinai hat die Regierung Begin die historische Chance verpasst, auch eine Lösung für das Westjordanland zu finden, schreibt Olmert im biographischen Rückblick. Dieses Gebiet gehört zum historischen Großisrael:
“Alles, was dort im Boden begraben ist, in jedem Teil von Judäa und Samaria und einigen Teilen östlich des Flusses, ist Teil unserer Vergangenheit. Die Wahrheit der biblischen Geschichten wird aufs Neue mit jeder archäologischen Entdeckung offenbart. Da gibt es keinen Bezug zu Arafat, zu den Palästinensern oder zu irgendeinem arabischen oder muslimischen Stamm, der ihren Anspruch auf das Land rechtfertigen würde. Aber wenn wir jemals der Zustand des ständigen Krieges beenden wollen, müssen wir doch die Territorien aufgeben, die wir von Jordanien 1967 erobert haben. Die meisten von ihnen. Fast alle von ihnen.” (S. 60f.).
Moshe Dayan sei dies nach 1967 bewusst gewesen, schreibt Olmert, doch sein Plan kam damals nicht zum Zug (siehe >Nahost5). Das sieht Olmert im biographischen Rückblick so, es entsprach aber erst seiner Position von 2006-2008. (Mehr dazu auf der nächsten Seite). 1990 war er jedoch noch gegen die Baker-Initiative, die drei Jahre später zum Osloer Vertrag führte, und gehörte zu jenen um Sharon, die befürchteten, dass Schamir wackeln würde. Das war damals mangels klaren Mehrheiten in einer großen Koalition zwischen Likud und Arbeitspartei nach dem Rotationsprinzip für den Ministerpräsidenten. Klar war, dass der linke Koalitionspartner die Baker-Initiative unterstützte (siehe >Nahost5). Nach dem Bruch der Koalition bekam Olmert von Schamir den Auftrag, ein Komitee zu leiten, das einen Ausweg aus der Lage durch die Bildung einer neuen Mehrheit finden sollte. Dies gelang unter anderem, indem die Shas durch Druck des Rabbinats zu einem Kurswechsel nach rechts bewegt wurde, schreibt Olmert. In der neuen Regierung konnte er einfädeln, dass Sharon das Wohnungsbauministerium bekam und dazu auch die “Landhoheit”, was konkret hieß, dass er für den Siedlungsbau in den besetzen Gebieten zuständig wurde (S. 86-88). Im Jahr des Osloer Vertrages 1993 wurde Olmert der erste nicht-linke Bürgermeister von Jerusalem. “Wir auf der Rechten wollten mit Oslo nichts zu tun haben und weigerten uns, irgendeinen territorialen Kompromiss zu billigen - Positionen, die sich mit der Zeit ändern sollten, nicht zuletzt in meinem eigenen Denken.” (S. 129).
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Ehud Olmert: Searching for Peace. A Memoir of Israel. Washington: Brookings, 2022.
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Fortsetzung >nächste Seite: Der Nahostkonflikt nach dem israelischen Rückzug aus Gaza 2005 bis heute
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