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Israel / Palästina - Nahostkonflikt (3)

Hintergrundinformationen, Dokumente und Links zur Geschichte Palästinas und Israels                     Update 29.10.2023

Auf dieser Seite:
3. Palästina von der Entstehung des Zionismus bis zum Zweiten Weltkrieg
a) Chronologie
b) Inhaltliche Ergänzungen: Sykes-Picot-Abkommen, Balfour-Deklaration / Britisches Mandat / 2. Weltkrieg


Auf der nächsten Seite:
4. Nach dem Zweiten Weltkrieg: UN-Teilungsplan, Gründung Israels und die Folgen bis nach dem Sechstagekrieg >hier

Auf den vorherigen Seiten:
1.  Links zu Seiten im Internet und bibliographische Hinweise zu Büchern >hier

2. Daten zur Geschichte Jerusalems, des Alten Israel und der Provinz Palästina vom Altertum zum Osmanischen Reich (bis 1914) >hier

 

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Spektroradiometrisches Satellitenbild des Nahen Osten mit den eingezeichneten Grenzen von 1949.
Wikimedia Commons

 

 

 

 

 

3. Daten zur Geschichte Palästinas von der Enstehung des Zionismus bis zum Zweiten Weltkrieg
in Verbindung mit den Ereignissen in Europa

a) Chronologie

 

Die Entstehung des Zionismus
Vgl. auch den Abschnitt zum Osmanischen Reich auf der >vorherigen Seite
 

Traditio-
nelle Erinnerung an Zion

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die historische Heimat ist den Juden in der Diapora oder vielmehr im Exil, nach jüdischem Verständnis, stets in Erinnerung geblieben und wurde an den höchsten Feiertagen, am Seder-Abend, dem Beginn des Pessach-Festes, sowie am Versöhnungsfest Jom Kippur im rituellen Spruch “Nächstes Jahr in Jerusalem” in Erinnerung gerufen. An die Zerstörung des Tempels und damit verbunden den Verlust der Heimat wird auch rituell in den drei Trauerwochen erinnert zwischen dem 17. Tammus und dedm 9. Av des jüdischen Kalenders. Die Entstehung des konkreten Wunsches der Aus- oder Rückwanderung ins Heilige Land entstand jedoch auch aus konkreten Erfahrungen der Verfolgung in Europa und zwar bereits seit dem Mittelalter. Der Dichter Jehuda ha-Levi (Judah Halevi, ca. 1074-1141) aus Tudela in Spanien verfasste Zions-Gedichte und Lieder  und darunter v.a. das Klagelied Zion ha-lo tischali von der Zerstörung des Tempels, das im aschkenasischen Judentum in die Liturgie des 9. Av aufgenommen wurde. Wie in der Bibel stand dabei der Berg Zion für Jerusalem. Auf dem Zionsberg südlich der heutigen, osmanischen, Stadtmauer war die alten Stadt Davids.

Die meisten der aus Spanien vertriebenen Juden fanden in Nordafrika sowie im Osmanischen Reich Zuflucht, darunter auch im historischen Palästina in Safed (Nordisrael). Messianische Bewegungen im europäischen Judentum des 17. und 18. Jh.s belebten den Rückkehrwunsch nach Eretz Isreal (Land Israel) wie die von Sabbatai Zwi, dem “falschen Messias”, mit der Einwanderung von ca. 1000 Gefolgsleuten nach Jerusalem im Jahr 1700 und der Gründung der Hurva-Synagoge dort (1948 zerstört und 60 Jahre später wieder aufgebaut). Die mystischen Bewegungen waren religiös inspiriert in Erwartung der Ankunft des Messias, einige Gelehrte und Aktivisten versuchten aber auch schon sehr diesseitsorientiert mit dem Sultan in Istanbul eine “Heimstatt” für die Juden auszuhandeln, vergeblich. Don Isak ben Juda Abrabanel (1437-2508), Gelehrter und Flüchtling vor der Reconquista auf der iberischen Halbinsel, schrieb in einer seiner Exegesen der hebärischen Bibel, “daß ‘die Völker selbst uns in der Wiederbesetzung des heiligen Landes ihren mächtigen Beistand leisten werden.’” (zit. nach Gelber, S. 10).
Zionisten und Historiker wie Nathan Gelber sahen in diesen frühen Initiativen die Vorgeschichte der Wiedergründung des “Judenstaates”. Die säkularen Projekte des 19. Jh.s präferierten diesen Judenstaat jedoch nicht unbedingt im historischnen Eretz Israel, so wollte schon ein amerikanisches Projekt von 1825 eine jüdische Stadt im Bundesstaat New York errichten (cf. Brenner, S. 9).
Religiöse und säkulare Vorstellungen von einem “Judenstaat” mit und ohne Eretz Israel als Bezug entstanden somit parallel zueinander und näherten sich sogar aneinander an insofern, als sich unter den Rabbinern sowohl im aschkenasischen als auch sephardischen Judentum eine nicht-messianische Lehre von der Rückkehr nach Zions verbreitete: Die Idee des Messias wurde darin abgelöst von der Vorstellung eines von Gott gesandten Propheten hin zur menschlichen Entscheidung und Tat. Auf der anderen Seite zeichneten sich auch Tendenzen zur “Assimilierung” (noch in einem schwachen Sinne verstanden) innerhalb des Judentums an. Der in Sarajewo geborene, in Jerusalem studierende und dann in Semlin (heute Zemun, Stadtteil Belgrads) wirkende Judah Alkalai bekämpfte auf der internationalen Braunschweiger Rabbinerversammlung 1844 erfolgreich die Idee, den Bezug zu Zion aus den Gebeten zu tilgen. 1852 gründete er die Society of the Settlement of Eretz Yisrael in London.

In Arbeit...

 

 

Michael Brenner: Geschichte des Zionismus. München: C.H. Becker 2. Aufl. 2005.
Nathan M. Gelber: Zur Vorgeschichte des Zionismus. Judenstaatsprojekte in den Jahren 1695-1845. Wien: Phaidon, 1927. Digitale Sammlung  >UB Frankfurt

Zur Geschichte und  Vorgeschichte vgl. Zionismus  >Wikipedia

Jehuda ha-Levi >Wikipedia
Drei Trauerwochen >Wikipedia
Der 9. Av >Wikipedia

Berg Zion >Wikipedia
Davidsstadt >Wikipedia

Safed >Wikipedia
Schabtai Zvwi >Wikipedia
Churva-Synagoge >Wikipedia

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Erste Weltkrieg und die Folgen

 

Nov. 1914

Kriegseintritt des Osmanischen Reiches auf Seiten Deutschlands und Österreichs.

 

1915-16

Korrespondenz zwischen dem Sherifen Husain (Hussein) von Mekka und dem britischen Hochkommissar MacMahon in Ägypten (MacMahon-Husain-(Hussein-)Korrespondenz). Vorbereitung des arabischen Aufstandes gegen die Türken, im Bündnis mit den Briten gegen Zusicherung der Errichtung eines arabischen Königreiches nach dem Sieg über das Osmanische Reich.

MacMahon-Hussein >Wikipedia
Korrespondenz englisch >Jewish Virtual Libr.

Mai 1916

Abkommen zwischen Großbritannien und Frankreich durch deren Unterhändler Sykes und Picot (Sykes-Picot-Abkommen). Verständigung über eine koloniale Aufteilung des Nahen Ostens nach dem Sieg über die Osmanen.

Siehe hier unten sowie ausführlicher auf unserer Seite >Weltgeschichte Enstehung des Nahen Ostens

2.11.1917

Chaim Weizmann erwirkt für die Zionisten beim britischen Außenminister Lord Balfour die Zusicherung für die Gründung einer jüdischen Heimstätte (national home) in Palästina (Balfour-Deklaration).

Siehe detailliert hier unten

Dez. 1917

Besetzung Jerusalems und des südlichen Palästina durch britische Truppen unter General Allenby, darunter eine arabische und eine jüdische Legion.

 

5.10.1918 –
24.7.1920

Proklamation einer arabischen Regierung unter Emir Faisal bin al-Husain in Damaskus; 8.3.1920 Ausrufung Faisals zum König; Niederschlagung durch französische Truppen.

 

30.10.1918

Kapitulation des Osmanischen Reiches.

 

Jan. 1919

Faisal-Weizmann-Abkommen über die Zukunft Palästinas. Beginn der Pariser Friedenskonferenz.

>Wikipedia / Text englisch >Jewish Virtual Libr
 

1919-1923

Dritte Alijah, ca. 35.000 Einwanderer.

EEF_Palestine_Eretz_Yisrael_stamp_1920_grey

Erste Briefmarke des
britischen Palästina 1920,
noch mit der Abkürzung
  E.E.F. für Egyptian Expeditionary Force gekennzeichnet.
 >Wikimedia
Nabi-Musa-Unruhen 1920 >Wikipedia
Mufti von Jerusalem >Wikipedia
Britisches Mandat >Wikipedia
Mandatastext englisch >Avalon

 

 

 

Britisches Mandat Palästina

April 1920

Konferenz von San Remo: Übertragung des Mandats Palästina durch den Völkerbund an Großbritannien. Das Territorium umfasste ursprünglich das Land westlich und östlich des Jordans, 1923 wurde dies in das eigentliche Palästina und Trasnjordanien geteilt.
Arabisch-jüdische Zusammenstöße beim Nabi-Musa-Fest 4.-7.4.1920 in Jerusalem.

1.7.1920

Beginn der Britischen Zivilverwaltung unter Hochkommissar Herbert Samuel.

1920-

Chaim Weizmann Präsident der Zionistischen Weltorganisation. / Gründung eines Arabischen Exekutivrates in Palästina.

Sept. 1921/
 Juni 1922

Kolonialminister Churchill erteilt den weitgehenden Ambitionen der Zionisten eine deutliche Absage und interpretiert die Balfour-Erklärung dahin gehend, dass es kein „wholly jewish Palestine“ geben könne

Jan. 1922

Einsetzung eines Obersten Muslimischen Rates unter dem Mufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini

24.7.1922 –
29.9.1923

Aufteilung des Nahostgebietes durch den Völkerbund unter britisches und französisches Mandat, Aufteilung des britischen Mandatsgebiets und Grenzziehung zwischen Palästina und Transjordanien entlang des Jordans. / Volkszählung im Okt. 1922: 11% der Bevölkerung jüdisch.

1924-1931

Vierte Allijah (Einwanderung), ca. 80.000 Einwanderer

 

1923/1925

Abspaltung der ultranationalistischen Union der Zionisten-Revisionisten unter Vladimir (Zeev) Jabotinsky von der Zionistischen Weltorganisation. Auf der Gegenseite entsteht die Vereinigung B’rith Shalom, die die Idee eines binationalen Staates vertritt, bedeutendste Repräsentanten: Martin Buber und Judah Magnes (Präsident der Hebräischen Universität in Jerusalem, eröffnet 1925).

Jabotinsky >Wikipedia
B’rith Shalom >Wikipedia
Marin Buber >Wikipedia
Judah Magnes >Wikipedia

Sept. 1928 - Aug. 1929

Zusammenstöße an der Klagemauer mit darauffolgenden gewalttätigen Unruhen, Streit um die heiligen Stätten zwischen der jüdischen Führung, dem Mufti von Jerusalem und der britischen Mandatsmacht.
Das falsche Gerücht, die Juden wollten den Tempelberg und die Al-Aksah-Moschee in ihre Gewalt bringen, führt zu Mordaktionen in Jerusalem und anderen Orten, kulminierend im Massaker von Hebron an alteingesessenen Juden am 23.8.1929 (ausführlicher >hier unten) . Als Konsequenz daraus entsteht der Aufbau einer paramilitärischen Organisation, der Haganah.

Ausschreitungen in Palästina 1929 >Wikipedia
Massaker von Hebron 1929 >Wikipedia
Haganah >Wikipedia

1928/1929

Anerkennung des Va’ad Leumi (Nationalrat) der in Palästina lebenden Juden durch die Mandatsmacht sowie der Jewish Agency als Verhandlungspartner der Zionistischen Weltorganisation gegenüber der Mandatsmacht.

 

1929/1930

Gründung der Gewerkschaft Histadrut  und der Arbeitspartei Mapai unter der Führung von David Ben Gurion.

 

März 1930 –
Okt. 1930 –
Febr. 1931

Shaw-Bericht und Passfield-Weißbuch, zeitweiliger Stopp für jüdische Einwanderung, aufgehoben nach dem „Schwarzen Brief“ des britischen Premierministers MacDonald.

Passfield White Paper >Jewish Virtual Libr.

1931

Auseinandersetzungen innerhalb der ZWO (Zionistische Weltorganisation) über die Haltung zur britischen Mandatsmacht; Rücktritt Weizmanns, Nahum Sokolov wird Präsident. / Allgemeine Islamischer Kongress in Jerusalem (Dezember). / Der jüdische Bevölkerungsanteil in Palästina beträgt knapp 17%.

Allg. Islam. Kongress 1931 >Wikipedia

1932-1938

Fünfte Alijah, ca. 200.000 Einwanderer. / Schrittweiser Übergang der britischen und französischen Mandatsgebiete zur Selbstverwaltung bzw. Unabhängigkeit mit Ausnahme Palästinas.

 

Frühjahr und Sommer 1933

„Machtergreifung“ Hitlers, erste antisemitische Maßnahmen und Abschluss des Ha’avara-Abkommens mit dem Reichswirtschaftsministerium, das bis 1939 ca.
50.000 Juden die Emigration nach Palästina ermöglicht.

Ha’avara-Abkommen >Wikipedia

Nov. 1935

Tod von Izz al-Din (Izzedin) al-Qassam im Kampf gegen britisches Militär; vorläufiges Ende einer ersten arabischen Terroristengruppe. (Nach Qassam werden später die „Kassam-Raketen“ benannt.) Die sich nach Qassam nennende Qassam-Bruderschaft löst den „Arabischen Aufstand“ aus.

Izz al-Din al-Qassam >Wikipedia

April 1936 –
Frühjahr 1939

Arabischer Aufstand gegen die britische Mandatsmacht, ziviler Ungehorsam (Streik, Steuerverweigerung) sowie Guerrilla-Anschläge gegen die Briten, gewalttätige Konfrontationen zwischen Arabern und Juden. Der Aufstand bewirkt auch eine Islamisierung der palästinensischen Nationalbewegung. - 26.9.1937 Attentat auf den Distrikt-Gouverneur von Galiläa, Lewis Andrews. Die harte Konfrontation zwischen Palästinensern und Briten führt zur Rekrutierung bewaffneter jüdischer Einheiten für die britischen bewaffneten Ordnungskräfte, darunter eine Gegenterrorgruppe („Night Squads“). Daraus entstehen die späteren zionistischen Untergrundgruppen (Irgun u.a.), die im Unabhängigkeitskrieg mit der Haganah in die israelischen Armee integriert werden.

 

1936/37

Der jüdische Anteil an der Bevölkerung steigt auf 28%. Die Peel-Kommission zur Untersuchung der Lage in Palästina empfiehlt eine Teilung des Mandatsgebiets, der jüdische Teil hätte das nördliche Gebiet (Teile Galiläas) sowie einen Küstenstreifen bis nach Jaffa /Tel Aviv umfasst. Der Plan wird von der arabischen Seite abgelehnt und verschärft die politischen Spaltungen in der palästinensischen Führung. 1937 entzieht sich der Mufti von Jerusalem, Hadj Amin al-Husseini, als gesuchter Drahtzieher des Aufstand der Verhaftung durch die Briten (Exil im Libanon, Syrien und Irak).

Peel-Kommission >Wikipedia

März 1938

Der „Anschluss“ Österreichs verschärft den Emigrationsdruck für die Juden, die USA senken drastisch ihre Aufnahmebereitschaft. Der Anteil der jüdischen Einwanderer in Palästina, die jährlich aus Deutschland kommen, steigt auf 70%.

 

Juli 1938

Konferenz von Évian zur Lösung der „Judenfrage“ in Europa, humanitäre und antisemitische Zielsetzungen überlagern sich, ohne Ergebnis.

Konferenz von Évian >Wikipedia

15.3.1939

Deutscher Einmarsch in die noch freie Tschechoslowakei.

 

17.5.1939

MacDonald-Weißbuch: drastische Beschränkung der Einwanderung auf 75.000 Personen für die nächsten fünf Jahre, Illegale werden abgeschoben bzw. auf das Einwanderungskontingent angerechnet. Frühere Teilungspläne werden verworfen, Palästina sollte anschließend ein binationaler Staat werden. Das Weißbuch wird von jüdischer wie arabischer Seite abgelehnt.

MacDonald-Weißbuch >Wikipedia

 

 

 

 

Zweiter Weltkrieg

 

1.9.-6.10.
1939

Einmarsch und Besetzung Polens durch die Wehrmacht mit Ausnahme des im Hitler-Stalin-Pakt an die SU abgetretenen Ostpolen, in das sich etliche polnische Juden flüchten können. Etwa die Hälfte der 3,8 Mio polnischen Juden kommt unter sowjetische Herrschaft. Im deutsch besetzten Teil Errichtung der Ghettos.

 

1940

Beginn der antibritischen Terrorakte der radikalen zionistischen Gruppen (Etzel [=Irgun] und Lechi). Die zionistische Führung dagegen sucht die Verständigung mit den Briten zum Zwecke der Aufstellung einer jüdischen Einheit im Krieg gegen Deutschland (erst 1944 genehmigt, militärisch ohne Bedeutung).

Irgun >Wikipedia
 

März-Juli 1941

Errichtung bzw. Ausbau der KZs zu Vernichtungslagern im besetzten Polen (Auschwitz-Majdanek).

 

1941-1947

Alijah-Bet, organisierte illegale Einwanderung nach Palästina. Von den Briten aufgebrachte Schiffe werden abgewiesen, die meisten Flüchtlinge werden nach Zypern in Lager gebracht.

 

April 1941

Pro-deutscher Putschversuch im Irak von britischen Truppen niedergeschlagen. Der Mufti von Jerusalem, der sich in Bagdad aufhält und den Putsch mit inspiriert hat, flieht nach Berlin, von wo aus er für die Nazis arbeitet und in Rundfunkansprachen von Italien aus zum Kampf gegen die Juden aufruft.

 

22.6.1941

Angriff auf die Sowjetunion, kurze Zeit später Beginn der systematisch organisierten Massenerschießungen (Babij [Babyn] Jar bei Kiew u.a.o.).

 

20.1.1942

Wannsee-Konferenz.

 

Anfang Mai
 1942

Außerordentliche Konferenz der ZWO im Hotel Biltmore in New York. Im Biltmore-Programm wird die Errichtung eines Jewish Commonwealth in Palästina und die Beteiligung jüdischer Truppen im Kampf gegen Deutschland gefordert.

Siehe detaillierter hier unten

23-10.1942

Sieg der Briten bei El Alamein über die Armee Rommels, Ende des deutschen Vormarsches in Ägypten. Einheiten der SS begleiteten auch in Nordafrika den deutschen Feldzug, in Athen stand seit dem Sommer eine Einheit unter der Leitung des Erfinders der Gaswagen, SS-Obersturmbannführer Rauff, bereit zur Verschiffung nach Palästina.

 

19.4.-16.5.1943

Aufstand des Warschauer Ghettos. Trotz seiner Niederschlagung durch die Wehrmacht liefert er für die Juden in Palästina und in der Welt ein Signal der Ermutigung, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, und führt auch bei vielen Zionisten zu einer weiteren Radikalisierung in der Wahl der Mittel zur Errichtung eines jüdischen Staates.

 

22.3. 1945

Gründung der Arabischen Liga in Kairo.

 

Mai –
 Dezember 1945

Nach dem Ende des Krieges warten ca. 300.000 Überlebende der Shoa als Displaced Persons auf die Emigration. Die Forderung von US-Präsident Truman 100.000 nach Palästina einreisen zu lassen wird von den Briten abgelehnt. Die USA selbst haben erst 1944 ihre Einreisebestimmungen gelockert.
Die zionistische Führung stellt die Maximalforderung eines „jüdischen Staates Palästina“ auf.
Auf der Pariser Konferenz der Alliierten im Dezember werden über Reparations- ansprüche gegen Deutschland gesprochen, die Opfer und Überlebenden des Holocaust sind kein Thema.

 

b) Inhaltliche Ergänzungen

Sykes-Picot-Abkommen und Balfour-Deklaration

Dass der 1. Weltkrieg auch im Nahen Osten stattfand, ist im allgemeinen Bewusstsein fast unbekannt. Das Osmanische Reich war mit den Mittelmächten Deutschland und Österreich-Ungarn verbündet, obwohl das Habsburger Reich geradezu der „Erbfeind“ der Türken war. Doch was aktuell zählte, war der Gegnerschaft zum Britischen Empire, das sich vom Roten Meer bis in den Persischen bzw. Arabischen Golf festgesetzt hatte um die Seewege zu seiner Kronkolonie Indien zu kontrollieren. Außerdem wurde die Royal Navy ab 1912 von Kohle auf Erdöl als Antriebsenergie umgestellt, eine Umwälzung von weltgeschichtlicher Tragweite. Der britische Imperialismus hatte sich Zug um Zug alter, meist einst osmanisch beherrschter arabischer Gebiete bemächtigt, von Ägypten über Aden bis nach Kuwait, und strebte an die Ölquellen im Irak (noch unter osmanischer Herrschaft) und in Persien. Ebenso wie Großbritannien hatte auch Frankreich imperialistische Interessen im Nahen Osten, es war wirtschaftlich und kulturell bereits stark im Libanon präsent.

Deutschland hatte sich wiederum durch wirtschaftlich-industrielle Abkommen mit dem Osmanischen Reich verbündet (am bekanntesten: die Bagdad-Bahn) und darauf ein politisch-militärisches Bündnis im 1. Weltkrieg aufgebaut.

 

Palästina_1917

Frontverlauf in Palästina März bis Dezember 1917. Die Briten stießen von Ägypten aus vor und nahmen Jerusalem im Dezember ein.>Wikimedia Commons

Hussain-Briefwechsel >>deutsch in Auszgen auf palaestina.org
>>englisches Original auf jewishvirtuallibrary. org

 

1915-1916 schloß Großbritannien durch seinen Hochkommissar in Ägypten, McMahon, ein Quasi-Abkommen mit dem Scherifen Husain (oder Hussein) von Mekka, einem arabischen Fürsten, der bislang die arabische Region Hedjas als Gouverneur im Osmanischen Reich verwaltet hatte, nun aber die Stunde gekommen sah im Weltkrieg die arabische Halbinsel von der osmanischen Herrschaft zu befreien. In der Folgezeit baute der legendär gewordene britische Offizier T.E. Lawrence („Lawrence of Arabia“) eine Beduinenarmee auf, die ihren Anteil am Kampf gegen die türkischen Truppen in der Region bekam. Als Belohnung versprachen die Briten dem Scherifen ein unabhängiges Arabien, dessen Grenzen freilich vage blieben.
Fast gleichzeitig verhandelten England und Frankreich jedoch bereits über eine koloniale Aufteilung des Nahen Osten über ihre beiden Unterhändler Sykes und Picot, die dem Abkommen ihren Namen gaben (Sykes-Picot-Abkommen, Mai 1916).

Siehe auch auf unserer >Weltgeschichte-Seite 100 Jahre Sykes-Picot-Abkommmen: Wie der “Nahe Osten” 1916 entstand

Am 2.11.1917 versprach der britische Außenminister Lord Balfour dem Baron Rothschild für die Zionisten die Errichtung einer „nationalen Heimstätte“ (national home) in Palästina für den bevorstehenden Sieg über die Türken. Zuvor hatte es bereits Verhandlungen über eine mögliche Ansiedlung von Juden in anderen Regionen gegeben, aber innerhalb des Zionismus hatte man sich definitiv für die alte historische Heimat entschieden.

 

 

Siehe auf UNISPAL:
>>Sykes-Picot-Abkommen
+ Rückblick auf die Ursprünge des Palästina¬konflikts mit der >>Text und Karte zum Sykes-Picot-Abkommen (>Annex I).

1917_surrender_of_Jerusalem
Übergabe Jerusalems an die Briten durch den Bürgermeister, 9.12.1917.  >Wikimedia Commons

Ministerium des Äußeren, 2. November 1917

Mein lieber Lord Rothschild!

Zu meiner großen Genugtuung übermittle ich Ihnen namens Seiner Majestät Regierung die folgende Sympathie-Erklärung mit den jüdisch-zionistischen Bestrebungen, die vom Kabinett geprüft und gebilligt worden ist:

"Seiner Majestät Regierung betrachtet die Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk mit Wohlwollen und wird die größten Anstrengungen machen, um die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, wobei klar verstanden werde, dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und die politische Stellung der Juden in irgendeinem anderen Lande beeinträchtigen könnte."

Ich bitte Sie, diese Erklärung zur Kenntnis der Zionistischen Föderation zu bringen.

gez.: Arthur James Balfour

 

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Foto und Faksimilé von Lord Balfour >Wikimedia

Deutsche Übersetzung
>>BpB 60 Jahre Israel

Faisal-Weizmann-Abkommen

Im Januar 1919 trafen Chaim Weizmann, Präsident der Zionistischen Weltorganisation, und Prinz Faisal, Sohn des Sherifen Hussein (siehe oben), und Prätendent auf einen arabischen Königsthron, ein Abkommen der Zusammenarbeit. Dieses Faisal-Weizmann-Abkommen blieb das Ergebnis der politischen Konjunktur eines Augenblicks, denn die Konferenz von Versailles durchkreuzte die arabischen Unabhängigkeitspläne, die auf den britischen Versprechungen beruht hatten.

 

Palästina unter britischem Mandat

Der Originaltext des britischen Mandats für Palästina in englischer Sprache findet sich u.a. auf der Seite der UNISPAL, eine deutsche Übersetzung auf der Seite der Generaldelegation Palästinas in der Bundesrepublik Deutschland.

Weizmann_and_feisal_1918

>>Faisal-Weizmann-Abkommen englisches Orignal auf UNISPAL
Weizmann links, Faisal rechts, Foto >Wikipedia

>>Mandat englisch / >>Mandat deutsch

Nabi-Musa-Fest 4.-7.4.1920

Das muslimische Fest zu Ehren des auch vom Islam als Propheten verehrten Moses fiel in diesem Jahr zeitlich mit dem jüdischen Pessach-Fest und dem christlich-orthodoxen Ostern zusammen. Schon in früheren Zeiten war es anlässliche dieses Festes zu Spannungen zwischen christlichen und muslimischen Arabern gekommen, diesmal entzündete sich hier der erste Konflikt zwischen Arabern und Juden.

Die arabische Nationalbewegung sah sich um den ihr versprochenen Nationalstaat betrogen, Großbritannien und Frankreich errichteten ihre politische Herrschaft, die als Mandat des Völkerbundes abgesischert wurde. Die Trennung Palästinas von Syrien wurde als erster Schritt zu einem Sonderweg für Palästina gesehen.

Das Massaker von Hebron am 23.8.1929

Die Ermordung von 67 Mitgliedern der alteingesessenen jüdischen Gemeinde - also keine zionistischen Einwanderer - durch arabische Attentäter in einem Pogrom stellt einen Angelpunkt des jüdisch-arabischen Verhältnisses im historischen Palästina dar. Hebron war bzw. ist wie Jerusalem ein religiöser Identifikationsort für Juden und Muslime, weil dort der Überlieferung nach in der Höhle Machpela Abraham und Sara (sowie, Isaak und Rebekka, Jakob und Lea) begraben sind. Die Grabstätte Abrahams ist daher Symbol für den gemeinsamen Ursprung und die Verbindung der abrahamitischen Religionen und es gab auch eine christliche Gemeinde. Bereits 1517 wurde offenbar im Auftrag des damaligen osmanischen Sultans ein Massaker an Hebroner Juden verübt. 1929 überlebten ca. 435 Menschen den Pogrom dank der Hilfe arabischer Nachbarn. Auch von daher ist dies ein Symbol für die Situation zwischen Juden und Arabern zur Zeit des britischen Mandats. Das Massaker und Mordaktionen an anderen Orten, darunter in Jerusalem selbst, wurde durch falsche Gerüchte ausgelöst, die Juden wollten den Tempelberg und die die Al-Aksah-Moschee in Jerusalem in ihren Besitz bringen. Die überlebenden Hebroner Juden flohen zunächst nach Jerusalem, kehrten jedoch 1931 wieder zurück. Während des arabischen Aufstands 1936 wurde die Gemeinde am 23.4.1936 von den Briten evakuiert.
Nach dem Sechstagekrieg setzte sich 1968 eine Gruppe radikaler Mitglieder der Gusch Emunim als Siedler in Hebron fest.

 

 

 

 

 

Jerusalem-nabi-moussa-april-1920

Foto Nabi Mussa Fest 4.-7.4.1920  >Wikimedia Commons

Palestine_Bulletin_2.9.1929a

Palestine_Bulletin_2.9.1929b

Ganzer Artikel und ganze Zeitschrift online + download:
The Palestine Bulletin 2.8.1929, National Library of Israel Collection (Public domain, non commercial) >NLI
Die Zeitung wurde von der Palestine Telegraphic Agency in Jerusalem herausgegeben und war die erste englischsprachige Zeitung im Mandat Palästina.

Ausschreitungen in Palästina 1929 >Wikipedia
Hebron Massaker 1929 >Wikipedia (deutsch),
ausführlicher >Wikipedia (englisch)
Gusch Emunim >Wikipedia
 

 

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Jerusalem, Postkarte von 1933. >Wikimedia Commons

Palästina und der Zweite Weltkrieg

Die „Biltmore Declaration“ vom 11.5.1942
„the demand to establish a Jewish State by force“? 

Anfang Mai 1942 trafen sich Delegierte der amerikanischen Zionisten ersatzweise für den Zionistischen Weltkongress zu einem Außerordentlichen Zionistenkongress im Hotel iltmore in New York . Angesichts der laufenden NS-Vernichtungspolitik in Europa, von der man zuvor erfahren hatte, und der massiven Einwanderungsbeschränkung der Briten für Palästina seit dem Weißbuch von 1939 hoffte man durch den Kriegseintritt der USA von der amerikanischen Regierung Unterstützung zu bekommen. Im Zentrum der verabschiedeten Erklärung [1] steht die Forderung nach einer unbeschränkten Einwanderungsmöglichkeit für jüdische Flüchtlinge aus Europa sowie der Gründung eines „Jewish Commonwealth“ in Palästina als Vollendung der Balfour-Deklaration („… to found there an Jewish Commonwealth“) (Punkt 6), am Ende heißt es: „…and that Palestine be established as a Jewish Commonwealth integrated in the structure of the new democratic world.“ (Punkt 8). Nicht Gegenstand dieser Konferenz und dieser Erklärung, aber parallel dazu ein „issue“ im Hintergrund, war damals auch der Kampf der amerikanischen Juden und Refugee Committees für eine verstärkte Aufnahme von Flüchtlingen in den USA selbst.

Die Biltmore-Erklärung wurde oft als der Auftakt für die spätere Gründung des Staates Israel auf dem Wege der Gewalt gegen die arabische Bevölkerung verstanden, also als der erste Akt des späteren Unabhängigkeitskrieges. Wie unterschiedlich die Auffassungen innerhalb des Zionismus damals jedoch waren, kommt in Zionismus von A bis Z [2] bei haGalil.com ganz gut heraus (Stichwort „Biltmore“), und so blieb die Formulierung der Erklärung eher vage: Der Begriff „Jewish Commonwealth“ (in etwa: „Gemeinwesen“) ist offener als der „Jewish State“, der ja explizit das Ziel des Zionismus war. Punkt 6 und 8 in der Deklaration widersprechen sich allerdings hinsichtlich der territorialen Konkretisierung dieses „Commonwealth“ (= Palästina oder in Palästina), in anderen Punkten der Deklaration wird die Zusammenarbeit mit den „Arab neighbours in Palestine“ (Punkt 5) betont, wobei noch einmal die alte Idee bemüht wurde, diese würden von der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren und daraus könne sich ein Zusammenleben entwickeln, ein damals gewiss von der Realität überholtes Ideal. Auch will die Betonung auf die Urbarmachung und Besiedlung des Ödlandes (Punkt 8) signalisieren, dass die weitere Einwanderung den Einheimischen weiterhin kein Land wegnehmen werde. Immerhin findet sich hier tatsächlich ein Aspekt, der später beim UN-Teilungsplan in der Zuteilung der Negev-Wüste an die jüdische Zone eine Rolle spielen sollte.

Das Biltmore-Programm begründete jedoch keine neue Strategie des Zionismus, da die territoriale Teilung Palästinas bereits von den Briten 1937 in der Empfehlung der Peel-Commission als die einzige realistische Lösung erkannt worden war. Von jüdischer Seite war dies damals mit vielen Vorbehalten akzeptiert worden – das 1937 vorgesehene jüdische Territorium war viel kleiner als zehn Jahre später im UN-Teilungsplan –, während die arabische Seite abgelehnt hatte. Mit dem Weißbuch 1939 kam dann der Vorschlag eines „binationalen Staates“, der jedoch unkonkret blieb und von beiden Seiten abgelehnt wurde. Angesichts dessen, dass die Briten unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs und dessen Auswirkungen auf den Nahen Osten der arabischen Seite entgegenkamen, hinter bereits erreichte Positionen für die Zionisten zurückfielen und die weitere jüdische Einwanderung gerade zu jenem Zeitpunkt bremsten, als sie notwendiger denn je war, weil lebensrettend, war die Reaktion der Zionisten nur ein logischer Schritt auf dem bereits eingeschlagenen Weg und das hieß, die ursprüngliche Forderung eines jüdischen Palästina auf die Tagesordnung zu setzen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die arabische Seite jegliche Verhandlungen ablehnte, einen arabischen Staat Palästina forderte, jede weitere Einwanderung ablehnte und vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zumindest offen gelassen hatte, wie sie zu den während der Mandatszeit eingewanderten Juden stand. Zu jenem Zeitpunkt aber, im Mai 1942, waren die Deutschen unter Rommel auf dem Vormarsch in Nordafrika und der selbst ernannte Führer der Palästinenser, der ehemalige Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, plante in Berlin zusammen mit Hitler und Himmler die „Vernichtung des Judentums“.[3] Auch wenn damals nicht alle Einzelheiten öffentlich gesagt wurden, so hielten der Mufti und andere arabische Politiker doch von Italien aus Radioansprachen nach Nordafrika mit Aufrufen zur Bekämpfung der Alliierten und der Juden.

Angesichts dieser Situation sowie gegenüber wesentlich radikaleren Positionen innerhalb des Zionismus blieb die Resolution des außerordentlichen Zionistenkongresses relativ gemäßigt und hinter dem zurück, was ihr Chef Chaim Weizmann im Januar 1942 in der Zeitschrift Foreign Affairs publiziert hatte, wo er einen jüdischen Staat mit einer arabischen Minderheit forderte, der alle Rechte gewährt würden, der aber auch geholfen würde in ein arabisches Nachbarland umzusiedeln, falls dies gewünscht würde. [4] Im Zusammenhang mit dieser Veröffentlichung Weizmanns und mit den Aktionen und Planungen der zionistischen terroristischen Gruppierungen vor Ort (Irgun, Stern-Gruppe usw.) sehen israelkritische Autoren jedoch in der Biltmore-Erklärung eine Art politische Legitimation für die gewaltsame Durchsetzung einer Staatsgründung [5] auf dem gesamten Territorium des Mandatsgebiets, wie es nach dem Ende des 2. Weltkriegs als Forderung erhoben wurde [6]. Auch auf israelischer Seite finden sich Autoren, die im Nachhinein, unter dem Zeichen des historischen Erfolgs, im Biltmore-Programm die Begründung eines „militärischen Zionismus“ erkennen wollen, nämlich „the demand to establish a Jewish State by force“.[7]

Nimmt man jedoch Weizmanns Veröffentlichung vom Januar 1942 wörtlich als Grundlage dessen, was mit der Biltmore-Erklärung wirklich gemeint war, dann hätte sogar dieser Vorschlag impliziert, dass der jüdische Staat nur einen Teil, und zwar einen geringeren Teil, des Mandats Palästina umfasst hätte, denn sonst wäre das Verhältnis jüdische Mehrheit / arabische Minderheit in solch einem Staat zu dem Zeitpunkt für solch ein Territorium gar nicht zustande gekommen. Doch solche Überlegungen sind weitgehend spekulativ.

Es zeigt sich hier nämlich ein grundsätzliches Problem: Die verschiedenen Etappen der Geschichte dürfen nicht retrospektiv unter dem Aspekt dessen, was folgte, interpretiert werden, jedenfalls nicht im Sinne einer Erklärung aus der Retrospektive heraus, sondern zunächst vor dem Hintergrund dessen, was vorausging, und im damaligen Kontext. Es liegt auf der Hand, dass die zeitliche Vorverlegung der Entscheidung für eine Staatsgründung „auf militärischem Weg“ auf das Jahr 1942 auch eine Schuldzuweisung hinsichtlich des späteren Krieges darstellt, zumindest bei einigen Autoren. Zu diesem Zeitpunkt wusste jedoch niemand, wie die Geschichte weitergehen würde, und sie hätte bei anderen internationalen politischen Entscheidungen und Entwicklungen auch anders verlaufen können. Entscheidend ist es daher auch, die objektiven Faktoren der historischen Entwicklung zu berücksichtigen und nicht die historische Entwicklung aus dem Voluntarismus einiger Akteure heraus zu deuten – auch ein Grundproblem bei diesem Thema.

Die Biltmore-Resolution wurde in der zionistischen Welt vor allem als das lang erwartete Signal verstanden, die Initiative zu ergreifen und sich aus Passivität und der Abhängigkeit von den Briten zu lösen angesichts der schrecklichen Ereignisse in Europa – gefordert wurde im Biltmore-Programm auch eine militärische Beteiligung im Kampf gegen Nazi-Deutschland. Aber sie war nicht der Auftakt zur einer gewaltsamen Lösung des Palästinaproblems, sondern setzte noch auf eine politische Lösung auf internationaler Ebene, deswegen auch der Appell an die Vereinigten Staaten. Von denjenigen, die an eine militärische Lösung glaubten, wurde die Beschränkung auf die politisch-diplomatische Option als Verrat empfunden. Gleichzeitig fühlten sich die Radikalen durch die Biltmore-Erklärung jedoch in ihrer Ansicht bestätigt, die Realisierung des jüdischen Staates auf ihre Weise herbeizuführen. Zum ersten Mal wurde hier von der obersten zionistischen Institution ein eigener Staat nicht mehr nur als fernes Ziel formuliert, sondern als konkretes Ziel und politische Forderung auf die Tagesordnung gesetzt.


Der Mufti von Jerusalem

Nachdem seit etlichen Jahren die Rolle des Mufti Hadj Amin al-Husseini und seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg, seine Allianz mit den Nazis, intensiver untersucht wurde und zu vielen Publikationen geführt hat, wird er auch zunehmend zu politischen Zwecken instrumentalisiert. Ein spektakuläres Beispiel, das weltweit durch die Medien ging, war die Erklärung von Ministerpräsident Netayanhu 2015, der Mufti habe Hitler zum Holocaust angestiftet.

Siehe hierzu eine eine ausführlichere Analyse (pdf) auf www.academia.edu Der Mufti von Jerusalem als Politikum

 

 

MacDonald-Weißbuch 1939 >Wikipedia

[1] >> Biltmore Conference

 

 

 

 

 

[2] >>Zionismus  A bis Z

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

[3] Vgl. Jacobsen (alle Literaturangaben siehe unten), S. 131. Siehe auch online im >>NS-Archiv , ausführlicher dazu bei Gensicke und Mallmann/Cüppers.

[4] „Palestine’s Role in the Solution of the Jewish Problem”, in: Foreign Affairs XX, January 1942, p.337f., zit. nach Abu-Lughod , S.176.
[5] Vgl. Erskine B. Childers, “The Wordless Wish: From Citizens to Refugees”, in: Abu-Lughod, op. cit., S.176f., und Safty , S. 134f.
[6] Vgl. Hadawi , S.100.
[7] Ben-Eliezer , S.95ff
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Literaturangaben:

Hans Adolf Jacobsen: Der Weg zur Teilung der Welt, Koblenz/Bonn (Wehr und Wissen), 1973.

Klaus Gensicke: Der Mufti von Jerusalem. Amin el-Husseini und die Nationalsozialisten, Frankfurt a.M. (Lang), 1988, Darmstadt (WBG), 2007.

Klaus-Michael Mallmann / Martin Cüppers: Halbmond und Hakenkreuz. Das Dritte Reich, die Araber und Palästina, Darmstadt (WBG), 2006.

Barry Rubin / Wolfgang G. Schwanitz: Nazis, Islamists and the Making of the Modern Middle East, New Haven & London (Yale Univ. Press), 2914.

David Motadel: Islam and Nazi Germany’s War, Cambridge (Mass.) / London (The Belknap Press of Havard Univ. Press), 2014.

Ibrahim Abu-Lughod (ed.): The Transformation of Palestine. Essays on the Origin and the Development of the Arab-Israeli Conflict, Evanston (Northwestern University Press), 1971.

Adel Safty: Might over Right. How the Zionists Took Over Palestine, Reading (Garnett), 2009.

Sami Hadawi: Bittere Ernte – Palästina 1914 -1967, Rastatt (Verlag für Zeitgeschichtliche Dokumentation), 1969.

Uri Ben-Eliezer: The Making of Israeli Militarism, Bloomington (Indiana Univ. Press), 1998. Erstveröfftl. (hebräisch) Tel Aviv, 1995.

Allgemeine Empfehlung zum ganzen Thema:

Tom Segev: Es war einmal ein Palästina. Juden und Araber vor der Staatsgründung Israels, München (Siedler), 2005. Erstveröfftl. Israel 1999.

 

 

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