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Moench

Thema: Kreuzzüge

2. Zur Vorgeschichte des 1. Kreuzzugs:

2.1. Rekonstruktion der unmittelbaren Vorgeschichte als Aufgabe zur Lesekompetenz
2.2. Bericht über eine gefahrvolle Pilgerreise nach Jerusalem im Jahre 1065

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2.1. Rekonstruktion der unmittelbaren Vorgeschichte als Aufgabe zur Lesekompetenz

Aus: Oxford Illustrated History - Illustrierte Geschichte der Kreuzzüge, hrsgeg. von Jonathan Riley-Smith, 1995, dt. Ausg.: Frankfurt/M. (Campus) 1999, S.9f.

Im November 1095 trat unter dem Vorsitz Papst Urbans II. ein Konzil in Clermont zusammen. Am 27. November, nach Abschluss der Versammlung, zogen die Teilnehmer gemeinsam mit einigen Laien aus der Umgebung auf ein Feld außerhalb der Stadt. Dort beschwor der Papst in einer Predigt die fränkischen Ritter, das Gelübde für einen Feldzug in den Osten abzulegen, der zwei Zielen dienen sollte: die Christen vom Joch der islamischen Herrschaft zu befreien und das Heilige Grab, die Grabstätte Christi in Jerusalem, der muslimischen Kontrolle zu entreißen. Sogleich nach der Predigt trat der Bischof von Le Puy, Adhémar von Monteil, der Papst Urban auf diesem Feldzug vertreten sollte, nach vorne und nahm als erster das Kreuz, während aus der Menge der Ruf erscholl: »Gott will es!« [...]

Er [Urban] hatte sich – sechzigjährig – auf eine Reise eingelassen, die ihn ein ganzes Jahr durch das südliche und zentrale Frankreich führte. Schon seit mehreren Jahren wohl hegte er den Plan, mit einer Heerschar dem Byzantinischen Reich zu Hilfe zu kommen. In Piacenza [Italien] war dieser Plan im März erörtert worden, als im Verlauf einer Versammlung ein Hilfsappell des byzantinischen Kaisers Alexios verlesen worden war, der um Unterstützung gegen die Türken bat, die seit etwa zwanzig Jahren immer wieder in Kleinasien einfielen und schon fast den Bosporus erreicht hatten. Als Papst Urban sich dann auf seine Reise nach Frankreich begab, muss er seine Pläne mit Bischof Adhémar von Le Puy und mit Raimund IV. von Saint-Gilles, dem Grafen von Toulouse, den er als Oberbefehlshaber der Streitmacht gewinnen wollte, besprochen haben. Diese Treffen können nicht im Geheimen stattgefunden haben. Nach einer burgundischen Überlieferung wurden "die ersten Gelübde für einen Zug nach Jerusalem" bereits von 36 Bischöfen in Autun abgelegt, die einige Zeit zuvor im Jahre 1095 getagt hatten.

*

2. Aus: Johannes Lehmann, Die Kreuzfahrer – Abenteurer Gottes, München (Bertelsmann) 1976, S.29.

Was Kaiser Alexios in Wirklichkeit wollte, waren Hilfstruppen aus dem Westen, die [...] byzantinischem Oberbefehl unterstanden. Er hatte auch schon einmal früher den Grafen Robert von Flandern, den er auf einer Pilgerfahrt kennengelernt hatte, um Hilfe gebeten, damit er mit dessen Truppen gegen die Seldschuken vorgehen konnte.

 

Aufgabe:

Finde aus beiden Texten zusammen die richtige Reihenfolge der einzelnen Ereignisse heraus. Markiere dies jeweils an der entsprechenden Stelle am Rand mit einer Nummerierung (1., 2., 3., ...) und der Datumsangabe (soweit vorhanden). Gib den einzelnen Nummern ein Stichwort als Überschrift.

Hinweis für den Lehrenden: Zur Bearbeitung der Aufgabe empfiehlt es sich den Text schmäler zu formatieren und die Seite in zwei Spalten auszudrucken, mit dem Text in der linken und Platz für die Notizen in der rechten Spalte.

W. Geiger

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2.2. Bericht über eine gefahrvolle Pilgerreise nach Jerusalem im Jahre 1065

Der Mönch Lampert (oder Lambert) von Hersfeld (vor 1028 - vor 1085) schrieb gegen Ende seines Lebens (um 1078) seine Annales - Jahrbücher der Geschichte der Welt von den Anfängen (nach der Bibel) bis 1077, als er vom Kloster Hersfeld zum Kloster Hasungen wechselte (Zierenberg, Landkreis Kassel), dessen Abt er wurde.

Aus dem Jahr 1065 berichtet er von der wohl größten Pilgerfahrt nach Jerusalem, an der zahlreiche Bischöfe teilnahmen. Der Überfall auf den Pilgerzug und die Umstände seiner Rettung werfen ein Licht auf die Vorgeschichte des 1. Kreuzzugs, trotz oder auch mit der Subjektivität der Beschreibung. In jener Zeit waren die türkischen Seldschuken dabei die Vorherrschaft über den Nahen Osten zu erringen, seit 1055 stand das Kalifat von Bagdad unter der Vormundschaft von Togril Beg, sein Nachfolger Alp Arslan (reg. 1063-1072) begann den Vorstoß gegen das Byzantinische Reich, das 1071 bei Manzikert geschlagen wurde und Anatolien an die Seldschuken verlor. Dies löste den Hilferuf des Kaisers Alexios I. Komnenos an den Papst in Rom aus, obwohl sich Ost- und Westkirche 1054 endgültig zerstritten hatten.

Eine große und vornehme Gesellschaft von Pilgern, darunter mehrere Bischöfe, unternehmen eine Wallfahrt nach Jerusalem im Jahre 1065.

[...] Unterdessen setzten die vorgenannten Bischöfe ihre Wallfahrt weiter gen Jerusalem fort, und während sie die Größe ihrer Schätze den Völkern, durch die sie ihren Weg nahmen, unbedachtsam zur Schau stellten, hatten sie sich die äußerste Gefahr zugezogen; nur die göttliche Barmherzigkeit brachte Rettung, wo menschliche Unbesonnenheit bereits alles verdorben hatte. Denn die Barbaren, welche aus den Städten und vom Lande schaarenweise herbeiströmten, um so erlauchte Männer zu sehen, waren anfangs voll Erstaunen über das große Wunder fremder Trachten und prächtiger Geräthe; dann, wie es zu geschehen pflegt, regte sich in ihnen nicht geringer das Verlangen und die Sehnsucht nach Beute. Als sie daher den Weg durch Lycien* zurückgelegt, das Gebiet der Sarracenen betreten hatten und jetzt von der Stadt Ramulo [1] noch eine Tagesreise oder etwas weiter entfernt waren, erlitten sie am nächsten Rüsttage vor Ostern (Charfreitage), um die dritte Tagesstunde, einen Überfall von den Arabiten, welche, nachdem sie die Ankunft so vornehmer Männer erfahren hatten, von allen Orten, um Beute zu gewinnen, zahlreich und bewaffnet zusammengeströmt waren. Die meisten unter den Christen hielten es für Unrecht, sich mit bewehrter Hand Hülfe zu schaffen und ihr Leben, welches sie in die Fremde pilgernd Gott gelobt hatten, mit körperlichen Waffen zu schützen, und sie wurden sogleich bei dem ersten Angriffe niedergestreckt, von vielen Wunden durchbohrt und aller ihrer Habe, vom Faden bis zum Schuhriemen [2], beraubt. Unter diesen blieb auch der Bischof Willihelm von Utrecht, dessen Arm von Schlägen fast gelähmt war, nackt und halb todt liegen. Die übrigen Christen wehrten sich mit Steinwürfen, zu denen jeder Ort selbst Vorrath in Menge darbot, nicht sowohl gegen die Gefahr damit sich schützend, als vielmehr nur versuchend, den augenscheinlich drohenden Tod zu verschieben. Auch zogen sie sich allmählich zurück und wendeten sich hin zu einem Dorfe, welches vom Wege nur eine mäßige Strecke entfernt war. Daß es Capharnaum gewesen sei, muthmaßten sie aus der Ähnlichkeit des Namens. [3] Als sie in demselben anlangten, besetzten die Bischöfe insgesammt einen Hof, den eine Mauer umgab, welcher aber nur niedrig und so baufällig war, daß sie auch ohne Anwendung von Gewalt durch ihr bloßes Alter leicht einstürzen konnte. Inmitten des Hofes lag aber ein Haus, welches ein ziemlich hohes und zum Widerstande wie mit Absicht errichtetes Stockwerk hatte. [...]

In der Folge wird beschrieben, wie es den Christen im Kampf mit ihren Feinden gelang, diese fernzuhalten und sogar einige Waffen von denen zu erobern, die sie Steinwürfen niederstreckten. Den Belagerten gingen jedoch die Lebensmittel aus und so erklärten sie sich am dritten Tage zu Verhandlungen bereit, ihr Hab und Gut herauszugeben, wenn ihr Leben geschont werde. So empfingen sie unter der Führung des Bischofs von Babenberg (= Bamberg) eine Delegation der Feinde mit deren Anführer.

Jener, übermüthig durch seinen Sieg und, außer der angeborenen Wildheit der Sitten, noch durch den in so vielen Gefechten erlittenen Verlust in hohem Grade aufgebracht, erwiderte, daß er gegen sie schon drei Tage lang nicht ohne großen Verlust seines Heeres Krieg geführt habe, um den Besiegten seine Bedingungen aufzulegen, nicht aber, um sich solche von ihnen vorschreiben zu lassen; damit sie nun nicht sich von falscher Hoffnung täuschen ließen, möchten sie wissen, daß er gedenke, ihnen zuvörderst alles, was sie besäßen, abzunehmen, sodann aber ihr Fleisch zu essen und ihr Blut zu trinken. Und unverzüglich entfaltete er das leinene tuch, womit er den Kopf nach Sitte seines Volkes umwunden hatte, machte daraus eine Schlinge und warf sie dem Bischof um den Hals. Dieser, als ein Mann von edler Sittsamkeit und voll gediegener Würde, duldete die Schmach nicht, sondern schlug jenen mit der Faust so heftig ins Gesicht, daß er ihn mit einem einzigen Schlage besinnungslos niederwarf und jählings zu Boden streckte, lauf rufend, daß er zuvor für seine Gottlosigkeit Strafe leiden solle, weil er, als ein Ungeweihter und Götzendiener, sich unterstanden hätte, seine unreinen Hände an den Priester des Herrn zu legen. Sogleich stürzten die anderen Geistlichen und Laien herbei und binden sowohl diesem als den Übrigen, welche in das obere Stockwerk gestiegen waren, die Hände so fest zusammengeschnürt auf den Rücken, daß den Meisten das Blut aus der zerrissenen Haut durch die Nägel hervorrann.

Die Gefangennahme des arabischen Anführers ermöglichte es den Christen zunächst die feindliche Truppe, unter der sich auch sein Sohn befand, in Schach zu halten. Einem Teil der Pilgerschaft war jedoch anfangs schon die Flucht in die nächste Stadt Ramulo gelungen.

Als durch diesen Anlaß [= die Gefangennahme des gegnerischen Anführers] ein wenig Ruhe von den Waffen und dem Angriffe gegeben war, kam ein Bote in das Lager zu den Christen, gesandt von denen, welche am Charfreitag alles verloren hatten und nackt und wund bis nach Ramulo gelangt waren. Dieser brachte den von bitteren Leiden und Furcht niedergeschlagenen Gemüthern große Labung, in dem er meldete, daß der Fürst jener Stadt, obwohl ein Heide, jedoch, wie man glaubte, von göttlicher Eingebung beseelt, mit einem großen Heerhaufen zu ihrer Befreiung heranziehe. Auch den Arabiten konnte die Kunde von der Ankunft der Feinde nicht verborgen bleiben, und sogleich richten sie alle ihre Gedanken von der Bekämpfung anderer auf ihre eigene Rettung und verlieren sich in schleuniger Flucht, wohin einen jeden die Hoffnung zu entkommen leitet. Bei dieser Verwirrung, während einer dies, der andere jenes zu besorgen hin und her lief, entrann einer Gefangenen mit Hülfe eines Sarracenen, den die Christen zum Wegweiser hatten, zu so großem Schmerze, zu so großem Leidwesen Aller, daß sie sich kaum enthalten konnten, Hand an den zu legen, durch dessen Nachgiebigkeit er entlassen worden war. Und nicht lange hernach kam, wie gemeldet worden, jener Fürst mit seinem Heere an und wurde friedlich von den Christen in den Hof aufgenommen; doch schwebten noch alle zwischen Hoffnung und Furcht, es möchte vielleicht das Unglück nicht gehoben, sondern der Feind bloß gewechselt sein, und wegen der Neuheit der Sache wurde es ihnen schwer zu glauben, daß der Teufel den Teufel austreiben, das ist, ein Heide einen Heiden an der Verfolgung der Christen hindern wolle. Zuerst vor allem ließ er sich die Gebundenen vorführen. Als er diese betrachtet und das Geschehene der Reihe nach angehört hatte, sagte er den Christen den größten Dank für ihre glänzenden Taten und für die Bezwingung der ärgsten Feinde des Staats, welche das Babylonische Reich [4] schon viele Jahre hindurch mit ununterbrochenen Verwüstungen heimgesucht und die großen Heere, die man gegen sie ausgerüstet habe, häufig in offenem Kampfe vernichtet hätten. Er übergab sie seinen Wächtern und gebot, sie dem Könige von Babylon lebendig zu verwahren. Er selbst führte die Christen, nachdem er soviel Geld als bedungen [= gefordert] war, empfangen hatte, mit sich nach Ramulo. Von da ließ er sie durch eine ihnen beigegebene Bedeckung von leichten Truppen bis nach Jerusalem geleiten, damit sie nicht wieder durch einen räuberischen Anfall gefährdet würden. Von nun an erduldeten sie weder auf der Hinreise noch auf der Heimkehr irgend eine Anfechtung [...].

* Lykien: Region in Kleinasien (Anm. W.G.)
1 Ramula, nordwestlich von Jerusalem, jetzt Rama oder Ramla, einst Aritmathia. (Anm. d. Hg.) - Siehe auch hier weiter unten (W.G.)
2 nach 1. Mose 14, 23. (Anm. d. Hg.)
3 Der Schotte Marianus, welcher bald darauf seine Chronik in Mainz schrieb, nennt es ein verlassenes Castell Carvasatim, in welchem Namen Wilken ein Karavanserai erkannt hat. (Anm. d. Hg.)
4 D. i. das abassidische Chalifat zu Bagdad, welches im Mittelalter gewöhnlich Babylon genannt wurde. (Anm. d. Hg.)

Aus: Die Jahrbücher des Lambert von Hersfeld. Nach der Ausgabe der Monumenta Germanica übersetzt von L. F. Hesse, Berlin 1855, S.67-74. Digitalisiert online verfügbar bei Google books.

 

Zur Lokalisierung der Stadt Ramulo:

Ost

Terra Sancta Ausschnitt

West

Wie oben vom Herausgeber beschrieben, handelt es sich bei dem Ort Ramulo vermutlich um einen bei der alten Hafenstadt Joppe oder Jaffa gelegenen Ort, der auf der Karte von Ortelius / Mercator unten mit verschiedenen Namensvarianten verzeichnet ist. Der Ort Capharsaba ist links am Rande des Ausschnitts ebenfalls lokalisiert.

Ausschnitt aus der Karte Terra Sancta von Gerhard Mercator (1512-1594), gezeichnet nach einer Vorlage von Abraham Ortelius (1527-1598).

Die geostete Karte berücksichtigt neben den damals modernsten geographisch-kartographischen Kenntnissen die alttestamentarischen Bezeichnungen für die regionale Untergliederung des Heiligen Landes.