3. Notizen zur Entstehung des Hexenglaubens und der Hexenverfolgung:
Am Anfang stand der Hexenhammer (Malleus maleficiarum), ein Buch, das aller Wahrscheinlichkeit nach der Dominikaner Heinrich Kramer unter dem Namen Henricus Institoris offenbar 1486 in Speyer veröffentlichte und wohl als direkte Umsetzung der Bulle Summis desiderantes affectibus, der sog. Hexenbulle, von Papst Innozenz VIII. vom 5.12.1484 gesehen werden darf. Zur Autorenschaft und Entstehung des Hexenhammers siehe die Darstellung von Werner Tschacher auf historicum.net: hier.
Tschacher, Werner: Malleus Maleficarum (Hexenhammer). In: Lexikon zur Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. v. Gudrun Gersmann, Katrin Moeller und Jürgen-Michael Schmidt, in: historicum.net, URL: http://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/5937/ [06.8.2010]
Zusammenfassung (Regest) der Bulle Summis desiderantes affectibus, von Hansen 1901: Papst Innozenz VIII. ermächtigt die beiden in Deutschland tätigen Inquisitoren Heinrich Institoris und Jacob Sprenger, gegen die Zauberer und Hexen gerichtlich vorzugehen. Er erklärt den Widerstand, den dieselben seither in Kreisen von Klerikern und Laien bei dieser Tätigkeit gefunden haben, für unberechtigt, da diese Verbrecher tatsächlich unter die Kompetenz der Ketzerrichter gehören, und beauftragt den Bischof von Straßburg, die den Inquisitoren etwa entgegengesetzten Hindernisse durch die Verhängung kirchlicher Zensuren zu beseitigen. (Wikipedia)
Die oberste kirchliche Autorität darf jedoch nicht als die entscheidende treibende Kraft in Sachen Hexenglauben und Hexenverfolgung gesehen werden, vielmehr eagierte sie mit der Bulle wohl auf einen seit den 70er Jahren des 15. Jh.s um sich greifenden Wahn vom Schadenszauber von Hexen und Dämonen, den Werner Tschache, Günter Jerouschek und Wolfgang Behringer und andere “mit dem Beginn der so genannten ’Kleinen Eiszeit’, einer gravierenden Klimaverschlechterung, Hungerkrisen und Epidemien in Mitteleuropa” als Erklärung in Verbindung bringen (historicum net, s.o., sowie in der Einleitung zum Hexenhammer bei dtv, siehe unten).
Die Kirche hatte damit einer erstaunliche Kehrtwendung in dieser Frage unternommen: “Der Canon Episcopi, der die offizielle Position der Kirche bis ins 13. Jh. repräsentierte, nahm an, daß die Taten der Hexen Illusionen und Phantasien seien, die im Traum entstanden, und folglich war der Glaube an die wirkliche Existenz der Hexen heidnisch und ketzerisch. Später vertrat die Kirche die genau entgegengesetzte Position, nämlich, daß der Hexenkult eine wirkliche Religion mit dem Teufel als Gott ist und daß die Hexen durch seine Unterstützung tatsächlich all die Dingen vollbringen können, die ihnen zugeschrieben werden [...]. Dadurch wurde jeder Zweifel an der wirklichen Existenz des Hexenkults und an seiner Magie zur Ketzerei.” Frank Donovan: Zauberglaube und Hexenkult. Ein historischer Abriß, München (Goldmann),1982, S.83. [Never on a Broomstick, 1971].
Für das Umschwenken der kirchlichen Autoritäten in dieser Frage - von den Orden bis zum Papst - ist im ausgehenden 15. Jh. mit Sicherheit die zunehmende Herausforderung durch Kirchenkritik, Ketzerbewegungen und die heraufziehende Reformation zu sehen, als deren erster, damals noch tragisch gescheiterter Protagonist der bereits 1415 auf dem Konzil in Konstanz verbrannte Jan Hus angesehen werden darf.
Wird fortgesetzt...
Digitale Ausgaben des Hexenhammers:
Faksimilé der Lateinischen Ausgabe von 1490 in der Wolffenbüttler Digitalen Bibliothek: hier.
In der Witchcraft Collection der Cornell University gibt es neben den gescannten Faksimilés auch den transkribierten und damit leichter zu lesenden lateinischen Text: hier.
Deutsche Buchausgabe: Heinrich Kramer (Institoris): Der Hexenhammer. Malleus Maleficiarum. Neu aus dem Lateinischen übertragen von Wolfgang Behringer, Günter Jerouschek und Werner Tschacher, herausgeg. und eingeleitet von Günter Jerouschek und Wolfgang Behringer, München (dtv), 2000.
|