image001c

Geschichtslehrer/innen
Forum

Moench

Thema: Kolonialismus, Imperialismus                

>Startseite des Themas

Hintergrund: Imperialismus, Kolonialideologie und pseudo-wissenschaftlicher Rassismus

Übersicht:

Einleitung (auf dieser Seite)

Auf angeschlossenen Seiten:

Ernest Renan und die Rassentheorie

 

Einleitung (im Aufbau)

Die “modernen” Rassentheorien entstanden nicht primär, wie man nach der Katastrophe des Holocaust glauben könnte, zur pseudo-wissenschaftlichen Begründung des Antisemitismus in Gegenüberstellung von “Ariern” und “Semiten” (= Juden). Der Begriff Antisemitismus entstand im Zusammenhang mit den Publikationen des französischen Philosophen und Hebraisten Ernest Renan (1823-1892). Genauer: zwei Wissenschaftler aus Deutschland bzw. Österreich, Heymann Steinthal und Moritz Steinschneider, brachten den Begriff als Kritik an Renan in Umlauf, er wurde dann von Wilhelm Marr positiv umgewertet zu einer Begründung des Antisemitismus. Dies spielte politisch für den “Berliner Antisemitismustreit” und generell im Kaiserreich eine Rolle.

Für Renan ging es bei den Semiten sprachgeschichtlich und ethno-historisch, also “rassengeschichtlich”, um alle Angehörigen der semitischen Sprachfamilie, also zu seiner Zeit Araber und Juden. Ernest Renan wird hier beiliegend eine extra Seite gewidmet. Den Durchbruch für den Antisemitismus (exklusiv gegen die Juden gerichtet) als Hauptthema innerhalb der Rassentheorien gab es erst durch Houston Stewart Chamberlain und sein Werk Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts, 1899.

Obwohl Graf Gobineau den Arier-Begriff prägte, stand bei ihm noch nicht die Opposition Arier/Semiten (oder Juden) im Vordergrund, sondern die mit jenen Völkern außerhalb Europas, die damals im Fokus des entstehenden Imperialismus standen. Die mit Gobineau entstehenden, bzw. sich verfestigenden Rassentheorien begleiteten das Unternehmen des Imperialismus als dessen Rechtfertigung in der Epoche der Menschenrechte, die sich 1848 und 1865 (Aufhebung der Sklaverei in den USA) durchsetzte, und sind entsprechend auch als Gegenthese zur Bürgerlichen Revolution seit 1789 zu verstehen. Hierin liegt auch eine Gemeinsamkeit mit Renan, der zeitgleich und in Korrespondenz mit Gobineau seine rassentheoretischen Vorstellungen entwickelte.

Wurde das Menschenrecht mit der Gleichheit von Natur aus begründet, so musste es nun mit derselben Referenz zur höchsten Autorität, der Natur, widerlegt werden: Die Menschen sind von Natur aus nicht gleich, sondern ungleich, war die These der Rassentheorie seit Gobibeaus Essai sur l’inégalite des races humaines, 1853. Interessanterweise wurde Gobineaus Werk erst durch Chamberlain im deutschen Sprachraum bekannt gemacht und entsprechend spät übersetzt.  (Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen, 1900). Frühere Theorien über die Ungleichheit der Menschen, die z.T. schon seit der Antike meist mit Varianten der Klimatheorie verbunden waren, wurden jetzt auf eine andere, scheinbar “wissenschaftliche” Grundlage gesetzt, die man in der biologischen Vererbung zu erkennen glaubte, und dies noch bevor die Vererbungslehre Gregor Mendels bekannt bzw. ihre Bedeutung für die Rassentheorie entdeckt wurde (erst um 1900).

Entsprechend uneindeutig sind daher auch die Rassenbegriffe, die den verschiedenen Theorien bis dahin zugrundelagen. Hinzu kommt noch die unterschiedliche Bedeutung des Begriffs race in den verschiedenen Sprachen. Noch heute hat er im Englischen und Französischen eine breitere, über das Biologische hinausgehende, auch kulturelle Bedeutung. Für die frühen Rassentheoretiker Gobineau und Renan war auch die kulturelle Prägung der “Rassen” ausschlaggebend, die freilich auch als quasi determiniert und determinierend verstanden wurde, allerdings mit Nuancen, die in der Debatte über die “Zivilisierbarkeit der Wilden” zum Ausdruck kamen.

Wird fortgesetzt...

 

Cf. Die Entstehung des Begeriffes !Antisemitismus” im 19. Jh. >Stichworte des Monats des Pädagogischen Zentrums des Fritz-Bauer-Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt

Vgl. Wolfgang Geiger: Geschichte und Weltbild. Plädoyer für eine interkulturelle Hermeneutik, Frankfurt/M. (Humanities Online), 2002, hierin: IV. 2.: Szientismus und Rassismus gestern und heute, S. 297-347.